Indische Gottheiten
Der Mensch im Spiegel seiner Spiritualität
Vishnu
Ein Wesen wie Vishnu – mal Mensch, mal Tier, mit vielfältigen Charakterzügen und wundersamen Kräften? Er ist ein Phänomen und ist, wie er ist: der Verwandlungskünstler und Dompteur im vedischen Götterzirkus. Eine Gottheit mit liebenswerten Eigenschaften? Ja und Nein. Vishnu wirkt mit seinen kosmischen Kräften als Erhalter dieses Universums. Er sorgt für Gerechtigkeit und Ordnung, wenn die Welt aus den Fugen zu geraten droht. Dabei kann man nicht immer nur nett sein. Es ist seine Bestimmung, sich mit Rat und Tat und, wenn nötig, mit Kraft einzubringen. Vishnu in seiner wahren göttlichen Gestalt ist ein prächtiger und schöner Mann. Allerdings schimmert er immer leicht blau.
Er hatte bei einer gewaltigen Hilfsaktion für die Halbgötter von der Weltenschlange zu viel Gift abbekommen. Die vier Gegenstände, die er in seinen vier Händen trägt, demonstrieren seine Macht und gleichzeitig seine Weisheit und Güte. Eine Wurfscheibe dient ihm als Kampfinstrument, ebenso wie eine Keule, die er in der anderen Hand hält. Das Schneckenhorn in seiner rechten Hand ermöglicht ihm, die Energien mit dem Urton zu reinigen, gleichzeitig verschafft ihm das Instrument einen unüberhörbaren Auftritt.
Zum Zeichen seiner hellen und weisen Wirkkraft hält er eine Lotusblume in seiner vierten Hand. Sie strahlt und leuchtet hell. Selbst im größten Dunkel verbreitet sie Sattva, das Prinzip der göttlichen Reinheit. Jedesmal, wenn die Weltordnung ins Wanken geriet, manifestierte er sich in einer anderen Gestalt und wurde zum Avatar. Wer weiß, wie oft Sie schon mit ihm zu tun hatten? Er ist ein begnadeter Retter und Wiederhersteller – und zwar immer dann, wenn es Probleme gibt. Zehn verschiedene Erscheinungsformen (Avatare) sind bekannt.
Nach dem Liebestaumel als Krishna legte er eine Zeit der Askese ein und inkarnierte als Buddha, der schließlich durch Verzicht auf Vergnügungen und materielles Vermögen mit Yoga und Meditation zur Erleuchtung gelangte.
Somit war der Buddhismus begründet.
Ganesha
Er ist weise, intelligent und stark, liebt den Genuss und ist trotzdem sehr sorgsam. Er gilt als Schutzpatron zur Überwindung aller Hindernisse und darf bei Ritualen nicht fehlen. Beim Beginn neuer Lebensabschnitte leistet er Hilfe und glättet den Weg, sei es der Eintritt in die Schule bzw. in einen neuen Job, eine Heirat oder ein wichtiger geschäftlicher Abschluss. Gleichzeitig achtet er darauf, dass die göttliche Urnatur eines jeden Menschen geschätzt und respektiert wird. Wer dies nicht einhält, dem kann Ganesha in umgekehrter Weise große Hindernisse in den Weg legen, denn er sorgt für Gerechtigkeit.
Ganesha ist eine Gottheit, vor der sich niemand fürchtet. Er liebt die Freuden des Lebens. Die einen sagen, er lebe im Zölibat, die anderen Geschichten erzählen von den Wonnen mit seinen drei Frauen. Seine Darstellung kann sitzend, stehend oder tanzend auf einem Bein sein. Sein Reittier ist eine Ratte.
Ganesha mit seinen Eltern Shiva und Parvati
Meist sitzt er auf einer Lotusblüte, die als Zeichen geistiger Wiedergeburt gilt. Er trägt in einer Hand eine Schale mit Milchreis als Symbol der Belohnung für spirituelle Suche und Gläubigkeit, in einer anderen ein Elefantenseil, mit dem er weltliche Probleme wegziehen kann. In einer weiteren Hand trägt er eine Axt, mit deren Hilfe er falsche Bedürfnisse, Anhaftungen und Bindungen durchtrennt. Ganesha, der Menschenfreund, lädt uns zu einem fairen, selbstbewussten Leben ein, in dem jeder Mensch die volle Berechtigung zum Glücklichsein erhält. Dabei sind Aussehen, Hautfarbe und Herkunft gleichgültig. Möge Ganesha weiter Hindernisse aus dem Weg räumen und uns das Leben versüßen.
Om Shri Ganeshaya Namaha
Lakshmi
Lakshmi oder Mahalakshmi – die große Lakshmi – ist die glückverheißende Göttin der Fülle und des inneren und äußeren Reichtums, im weltlichen wie spirituellen Bereich. Lakshmi ist eine Verkörperung von Shakti, der universellen weiblichen Energie, die nach dem tantrischen Prinzip mit der männlichen Energie Shiva eine Einheit bildet. Im Zusammenspiel beider Energien, des puren Bewusstseins (Shiva) mit der kreativen schöpferischen Energie (Shakti), drückt sich die Einheit des Universums aus. Als Gattin von Lord Vishnu, dem Erhalter der Schöpfung und des Universums, ist Lakshmi der kreative Ausdruck und die Manifestation.
Als Göttin der Fülle und Schönheit im Innen und Außen steht sie ganz besonders für das Nähren unserer weiblichen Energie. Mahalakshmi, die göttliche Mutter, ist die nährende Kraft, die Leben erhält. Einer Legende nach entstieg sie beim Quirlen des Ozeans aus dem Wasser, als Götter und Dämonen mit vereinten Kräften in den Tiefen des Ozeans nach dem Unsterblichkeitsnektar suchten. Thronend auf einer Lotusblüte und behängt mit duftenden Blumengirlanden war ihre Gestalt im goldenen Licht so herrlich und mächtig anzusehen, dass alle ehrfürchtig auf die Knie gingen.
Shiva
Shiva ist einer der Hauptgötter des Hinduismus und einer der Götter der hinduistischen Trinität. Shiva ist “der Zerstörer”, heißt aber auch “der Liebevolle” oder “der Glückverheißende”. Shivas Frau heißt Parvati, zusammen haben sie 2 Söhne, Subrahmanya und Ganesha. Shivas Reittier ist der Stier Nandi. Der heilige Berg Kailash im Himalaya ist sein Zuhause. Shiva hat viele Namen und wird auf ganz unterschiedliche Weisen dargestellt. Er gilt als Uryogi und kosmischer Tänzer und symbolisiert einerseits Vergänglichkeit, aber auch das Unendliche und das höchste Bewusstsein.
Der Beiname Nataraja bedeutet “König des Tanzes”. Als Nataraja führt Shiva einen kosmischen Tanz auf. Dieser symbolisiert die Schöpfung, Zerstörung und Wiedererschaffung des Universums. Shiva als kosmischer Tänzer, ist eine der bekannteren Darstellungen Shivas und des Hinduismus in der westlichen Welt. Shiva wird dabei mit 4 Armen in einem Kreis aus Flammen dargestellt. Dieser symbolisiert den Rand des Universums und die sich ausbreitende Energie des Gottes. Das linke Bein ist angehoben zu einer Tanzfigur. Das rechte Bein steht auf dem Zwergdämon Apasmara, der am Boden liegt. Er verkörpert Ignoranz und Dummheit. In der rechten oberen Hand hält er eine Sanduhrtrommel der wandernden Asketen, in der rechten unteren Hand zeigt er die Geste des Schutzes. In der einen linken Hand lodert eine Flamme und die andere linke Hand ist parallel zum linken Bein.
Obwohl er der Gott der Zerstörung ist, wird er verehrt, weil sich im Hinduismus der Gedanke trägt, dass erst durch Zerstörung Neues geschaffen werden kann. Dadurch hat er auch eine schöpfende Rolle. Diese Doppelrolle macht ihn zu etwas besonderem. Auf der einen Seite gilt er als schrecklich und bösartig, auf der anderen Seite als gut und wohltätig. Shivas Reittier ist ein Stier.
Tara
Im Buddhismus ist Tara die Göttin des Mitgefühls. Tara hat besonders im tibetischen Buddhismus, im Vajrayana-Buddhismus, der auch als tantrischer Buddhismus bezeichnet wird, große Bedeutung. Tara wird in Tibet auch als Sgrolma bzw. Drölma bezeichnet.
Sie gilt als Abkömmling eines Boddhisattva (Bezeichnung für ein erleuchtetes Wesen) und wird daher als weibliche Bodhisattva und tantrische Gottheit angesehen. Der Legende nach hat der Boddhisattva Avalokiteshvara das gesamte Leiden der Menschheit gesehen und aus diesem Mitleid heraus viele Tränen vergossen. Aus seinen Tränen ging Tara hervor, die somit für das Mitgefühl steht. Sie wird als Retterin betrachtet und steht für ein langes Leben. Sie beschützt spirituell Reisende und deren Kinder auf ihrem spirituellen Weg zur Erleuchtung.
Ursprünglich wurden fünf verschiedene Manifestationen der Tara verehrt: die Weiße, die Grüne, die Blaue, die Rote und die Gelbe Tara. Einige Quellen sprechen auch von einer Schwarzen Tara. Die bekanntesten Formen von Tara sind: die Grüne Tara, die Weiße Tara und die Rote Tara.
Die Grüne Tara steht für die aktive Form des Mitgefühls. Sie wird als Helferin in der Not angerufen. Die grüne Tara steht für Tat und Lebenskraft. Obwohl ihre Gestalt kämpferisch wirkt, gilt sie als Heilgöttin. Manche Buddhisten betrachten sie als die wahre Tara, weil sie als die Frau von Avalokiteshvara angesehen wird. Ihre Gestalt spiegelt die Bereitschaft zur Tat wider. Sie strahlt jedoch auch eine gewisse Leichtigkeit aus. In der Hand hält sie eine geschlossene Lotosblume, die für Energie und Reinheit steht. Sie ist mit dem reichen Schmuck eines/einer Bodhisattva gekleidet. Ihren Anhängern hilft sie, Ängste und Sorgen zu überwinden und die schwierigsten Situationen zu meistern, die sich ihnen auf ihrem Weg der religiösen Erkenntnis in den Weg stellen. Ihr Mitgefühl zeigt sich in ihrer schnellen Reaktion auf die Hilferufe ihrer Anhängerschaft.
Lotusblüte im Buddhismus
Die Lotusblüte hat viele Namen. Sie wird “Heilige Blume”, oder auch “Blume des Lebens” genannt. Neben den schon beschriebenen Eigenschaften, die Reinheit und Erleuchtung symbolisieren, hat die Lotusblume noch eine Besonderheit. Nach dem Sonnenuntergang verschließt sich die Blüte und versinkt im Wasser. Sobald die Sonne am nächsten Morgen wieder aufgeht, kehrt die Lotusblüte in ihrer vollen Schönheit zurück. Dadurch wird die Lotusblume immer wieder mit der Wiedergeburt oder dem Leben nach dem Tod verglichen. Sie ist deshalb ein beliebtes Geschenk zur Geburt, da sie den Beginn eines neuen Lebens repräsentiert.
Im Buddhismus symbolisiert die Lotusblüte Selbsterkenntnis und soll dazu ermutigen, die eigene Komfortzone zu verlassen und mit einem offenen Geist in das Leben zu treten. So soll sich der Mensch für seine Umwelt, die Menschen und das Leben öffnen und sich so auf den Weg zur Erleuchtung begeben. Gleichzeitig steht der Lotus für ewiges, reines und spirituelles Leben: die Samen des heiligen Lotus können mehr als 1000 Jahre überleben.
Auch das Wachstum und das Aussehen der Lotusblume haben eine beeindruckende Symbolik: die geschlossene Blüte repräsentiert das Potenzial zur Erleuchtung, während die offene Blüte für die volle Erleuchtung steht. Die Blätter der Pflanze, die auf dem Wasser zu schweben scheinen, sind im Buddhismus ein Sinnbild für die Freiheit und das Loslassen von allem Weltlichen.Der Sage nach wurde Buddha auf einer Lotusblüte geboren, deshalb ist sie ein zentrales Symbol des Buddhismus, der Ursprung Gottes. Buddha wird aus diesem Grund auch häufig auf einer Lotusblüte abgebildet. Die Symbolik der Lotusblume umfasst alle, im Buddhismus wichtigen, Tugenden und repräsentiert nicht zuletzt die Erleuchtung, das Ziel des Lebens im Buddhismus.